Dieses Gefühl, den Bericht aus Berlin genauso zu schauen wie einst Al Bundy mit seiner „schrecklich netten“ Versagerfamilie. Die Politik für die Neuauflage der Addams Family zu halten. Die Regierung für die Muppets Show. Und mich selbst für Waldorf und Statler in der Loge, die über alles lästern und lachen, egal wie schlecht die Show ist.
Ich habe mir überlegt, warum das so ist.
Und ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich Deutschland innerlich längst aufgegeben und abgeschrieben habe
Willkommen im klub, herr Danisch! Ist kein schöner klub, ich weiß, und man fühlt sich auch keineswegs so richtig wohl unter seinesgleichen, ich weiß. Ich bin da übrigens drin — mich hat gestern erst wieder jemand gefragt, warum ich so sonderbare und extreme einstellungen und verhaltensweisen an den tag lege, und da musste ich es mal wieder erklären, damit es doch nicht verstanden wird — seit sie am 1. januar 2002 das euro-bargeld eingeführt haben. Nein, eigentlich erst seit dem 2. januar 2002. Ich habe damals verdammt gut geld verdient und war für die „normalen“ idjoten, die mich umgeben, das genaue gegenteil dessen, was ich jetzt bin: sozjal anerkannt und geachtet. Ich hatte da so ein paar spezjalkenntnisse, keinen zettel und keine formelle ausbildung, sondern nur kenntnisse, die begehrt und gesucht waren und die damals immer noch ganz gut bezahlt wurden. Weil es protitabel für jene war, die dafür bezahlten.
An diesem 2. januar 2002 ging ich zum einkaufen in den nächstgelegenen edeka im pharao-haus in oberföhring, münchen. Und dort sah ich es: Preisschilder am gemüse, auf denen die genau die gleichen preise standen, die ich vorher in DM bezahlt habe. Nur das währungszeichen war ein anderes. Mir wurde mit einem schlag die hälfte meines geldes weggenommen, für das ich arbeitete. Und als ich in den nächsten tagen meine süddeutsche zeitung (sie war damals noch genießbar, erst an der schwelle zur heutigen alpenprawda) las, da las ich da, dass es keine preissteigerungen durch die einführung des euro-bargeldes gäbe und dass meine wahrnehmung nur eine halluzinazjon sei. Und genau das gleiche wurde mir auch in der glotze von den jornalismusbeamten des BRD-staatsfunks erklärt. Immer und immer wieder. Allmedial. Und noch einmal wiederholt. Wochenlang. Monatelang. Der euro ist kein teuro. Wie eine chinesische wasserfolter. Und während ich das mit steigendem missfallen verfolgte und mich dabei wie in der DDR mit ihrem neuen deutschland und ihrer aktuellen kamera fühlte, ahnte ich, dass das nicht das ende ist, sondern nur der anfang. Diese ahnung sollte sich in den kommenden zwei jahrzehnten immer wieder bestätigen.
Das hatte auf mich einen letztlich heilsamen effekt, denn es weckte entschlossenheit. Ich hörte auf, zu saufen. (Ich bin seitdem trockener alkoholiker, und glauben sie mir, alkohol ist eine scheißdroge. Das für mich übelste am entzug waren diese säuferträume, in denen ich soff und soff, um schließlich schweißgebadet aufzuwachen, mit einem kopf voller selbstvorwürfe und mit alkoholgeschmack im mund. Ja, richtige geschmackshalluzinazjonen. Niemand, der kifft, geht so übel auf seine eigene psyche ab wie ein vom legalen alkohol abhängiger mensch, der seine sucht beenden will. Solche träume haben mich noch über ein jahrzehnt lang begleitet, zum glück mit abnehmender intensität und häufigkeit. Aber ich hatte längst beschlossen, mich nicht mehr von der dummen psyche steuern zu lassen. Weil die psyche dumm ist. Sie, herr Danisch, sprechen lieber von der amygdala, aber ich glaube einfach mal, wir verstehen uns trotzdem.) Ich beschloss ein paar monate später mit völlig nüchternem kopf und nach langer überlegung, in den freitod zu gehen, um diese ganze scheiße nicht länger ertragen zu müssen. Nicht die psyche schmerzte mir, ganz im gegenteil, die wurde immer heller und heiler, der verstand machte aua. Es war ein vielstündiges und sehr obskures telefonat mit einer mir nur ganz flüchtig bekannten, beinahe fremden frau (sie wusste nicht, dass alles für meinen freitod bereit lag und ich erzählte es ihr natürlich auch nicht, denn es hätte ja den erfolg bedroht), das mich davon überzeugte, dass ich nicht sterben, sondern ein anderes leben wollte. Heute lebe ich vom betteln, vom müll und von dem, was mir kampflos gegeben wird.
Denn ich habe nicht nur innerlich gekündigt, wie sie es tun und wie es die meisten menschen tun, um einen unerträglichen zustand fortzusetzen, sondern gründlich. Ich bin zum gespenst geworden. Ich habe kwasi keine existenz mehr. Aber lieber ein dasein als gespenst als eine fortsetzung dieser ganzen intelligenzverachtenden scheiße. Und ja, die ist seitdem übler geworden. Viel übler. Und ein ende ist nicht absehbar. Selbst satire ist fast unmöglich geworden.
Manchmal werde ich von leuten, die dieses kleine rotzeblögchen lesen, gefragt, ob ich keine probleme mit meinem blutdruck hätte, so wie ich immer schreibe. Nein, ich habe keine probleme mit meinem blutdruck. Ich bin nicht einmal emozjonal erregt. Eine tiefe heiterkeit und ein mir zuvor völlig unbekanntes gefühl des glücklichseins ist seit jahrzehnten mein begleiter, und meine laune ist stets sehr sonnig, oft sogar in völlig unpassenden momenten. Dass sich andere menschen lieber von ängsten und irrazjonalen, meist deutlich fremdbestimmten zielsetzungen begleiten lassen, ist zwar traurig, wenn man darüber nachdenkt, aber zum glück nicht mein problem. Ob ich irgendwann in den näxsten jahren erschossen werde oder in irgendwelche lager oder knäste gesteckt werde, ist mir egal — nein, ich blicke nicht optimistisch in die zukunft einer vormals offenen gesellschaft, die inzwischen unter dem tarnwort vom häjhtspietsch gesetze gegen gefühlsausdrücke hat. Heute lebe ich noch, das ist alles, und ich lebe dabei nur als bewohner der BRD, nicht als ihr bürger und bürge. Die zustände in der BRD zu verspotten und ihre profitöre vorsätzlich zu beschimpfen kostet mich kein kwäntchen gefühl. Ich werfe es wie eine flaschenpost ins internetz (und immer wieder einmal auch an andere, fysikalischere orte) und glaube weder daran, dass das etwas verändert noch daran, dass es jemanden — jenseits von reinen unterhaltungszwecken — interessiert. Vielleicht findet jemand die flasche, vielleicht auch nicht. Ich werde auf meiner inneren insel verrecken und es ist mir egal. Aber ich werde nicht damit aufhören, in dieser kleinen flaschenpost arschlöcher als arschlöcher, hochstapler als hochstapler, betrüger als betrüger, heuchler als heuchler, dumme als dumme, korrupte als korrupte und vorsätzlich hergestellte unerträgliche zustände als widerliche scheiße zu bezeichnen und danach zu streben, mich dabei so deutlich und beleidigend wie gerade noch möglich auszudrücken. Grüße auch an alle bürgerlichen gendertrullys aus den sozjalwisschenschaftlichen fakultäten der pipi-langstrumpf-universität, die endlich gerechtigkeit herstellen wollen; für alle verpflichtende gerechtigkeit durch kompliziertere deutsche grammatik! Wer nicht mitmacht, wird zerstört! (Bringt mal einen spanischen muttersprachler deutsch bei, dann wisst ihr auch, wie beschissen kompliziert unsere grammatik und wie barock unsere ortografie so schon ist! Ach, mit der kommt ihr auch nicht klar? Und die ortografie macht die textverarbeitung für euch? Das habe ich mir gleich gedacht.)
In diesem sinne, herr Danisch: willkommen im klub, auch wenn sie so eine formulierung vermutlich genau so hassen wie ich. Es geht nicht nur ihnen so. Und es geht auch nicht nur uns beiden so. Es spielt nur für die mediale wahrnehmung (oder besser: wahnnehmung) der BRD in presse und glotze keine rolle. Aber wenn ich so sehe, was für ein asozjales und dummes geschmeiß dort eine prägende rolle spielt, finde ich das gar nicht so schlimm.
Und nein, wir kommen p’litisch nicht auf einen nenner. 😁️